Einspeisung in Gasnetz sollte möglich sein

Momentan werden viele mögliche Energiequellen geprüft, die uns von Importen von Öl und Gas weniger abhängig machen. Da fällt auch immer wieder das Stichwort Biogasanlage. In Österreich hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren wenig getan. Ist jetzt ein Einstieg ratsam? ALOIS BURGSTALLER fragte den Biogas-Fachmann FRANZ KIRCHMEYR.

Blick ins Land: Herr Kirchmeyr, wie viele Biogasanlagen gibt es in Österreich?
Franz Kirchmeyr: Etwa 300 Anlagen erzeugen Strom und 15 Anlagen bereiten Biogas so auf, dass sie ins Gasnetz eingespeist werden.

Wie hoch ist deren derzeitige Produktion pro Jahr?
Kirchmeyr: Es werden circa 150 Mio. m³ Methanäquivalente vor Ort verstromt. Der Strom wird ins Netz eingespeist, und die Wärme, die auch anfällt, wird lokal genützt. Weitere 15–20 Mio. m³ werden ins Gasnetz eingespeist oder lokal genutzt.

Lange war der Preis für russisches Erdgas so billig und der Biogaspreis wesentlich höher. Ist Biogas immer noch teurer?
Kirchmeyr: Momentan ist das Erdgas teurer. Für  neue Projekte bedarf es nicht nur eines kurzfristigen Signals, man benötigt bei siebenstelligen Investitionen mehrjährige Sicherheit. Und hier muss man dann aufpassen. Bleibt der Erdgaspreis auf jetzigem Niveau und wäre nur in Europa so hoch, aber der asiatische und amerikanische Raum würde einen günstigeren haben, dann würde Europas Wirtschaft mittelfristig brach liegen. Das Erdgas wird wegen der globalen Zusammenhänge wahrscheinlich wieder billiger werden. Auch der Strom wird in ein paar Jahren wieder billig werden – mit hohen saisonalen Schwankungen. Somit bedarf es rechtlicher Vorgaben, um den Ausbau vorantreiben zu können.

Welche Länder beziehen Gas billiger als wir?
Kirchmeyr: Die USA dürften bei 2 Cent/kWh liegen, wir sind bei 15 Cent. Dieser Unterschied ist für Industrie und Verbraucher fatal.

Wie groß ist der Anteil von Biogas an allen Erneuerbaren Energien?
Kirchmeyr: Beim Strom liegt er bei 1 Prozent, beim Gas ist der Anteil 0,2 Prozent.

Photovoltaik (PV) auf guten Acker­standorten wird von der Bevölkerung gebilligt. Sind Biogasanlagen, die mit Silomais betrieben werden, weiter umstritten?
Kirchmeyr: Es gibt darauf eine einfache Antwort: Wir brauchen die Hauptkulturen nicht. Wir haben das Maisstroh, die organischen Abfälle und die Wirtschaftsdünger. Bei richtigen Rahmenbedingungen gibt es genügend Mengen, um das Biogas daraus zu erzeugen. Die zentrale Rolle spielt Biogas bei der saisonalen Speicherung, sie schafft Versorgungssicherheit in Verbindung mit Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie.

Ist es für junge Bauern interessant, von der Viehwirtschaft auf Biogas­erzeugung umzusteigen?
Kirchmeyr: Im Moment führt der fehlende gesetzliche Rahmen zu einer Stagnation bei Neuanlagen. Wenn jetzt jemand aus der Tierhaltung aussteigt, dann glauben viele, dass sie mit dieser Fläche in die Biogasproduktion einsteigen könnten. Das ist aber genau jene Produktion, die wir nicht mehr präferieren.  Restgrünland als 3. und 4. Schnitt, auch Zwischenfrüchte, können verwertet werden, aber nicht die ersten zwei Schnitte aus gutem  Grünland. Die Verwertung von minderwertigem Grünland im Fermenter ist nur als Landschaftspflege zu qualifizieren.

Aber die Energiepreise werden ja wieder sinken?
Kirchmeyr: Die Hauptfruchtfrage ist de facto geklärt. Wir gehen Richtung organische Abfälle und Reststoffe der Landwirtschaft. Damit produzieren wir großteils einen saisonal speicherbaren Energieträger und können dann zur Versorgungssicherheit durch Erneuerbare in Mangelzeiten beitragen. Zudem sind wir sowohl eingebettet in die Kreislaufwirtschaft durch Nährstoff- und Kohlenstoffrückführung als auch in die Bioökonomie als Resteverwerter.

Wodurch hat ein Interessent gute Voraussetzungen für einen Einstieg?
Kirchmeyr: Der Interessent verfügt über einen ausbaufähigen Standort, der als Gewerbegebiet gewidmet werden kann und  in der Nähe (< 5 km) genug Rohstoffe bereithält. Zudem sollte eine  Einspeisung in das Erdgasnetz möglich sein. Dem Standort kommt im Hinblick auf die  Düngemittelproduktion und Bioökonomie eine immer größere Rolle zu. Die Anlagen werden über 200 m³ erneuerbares Me­than je Stunde in das Gasnetz einspeisen. Dies ist vergleichbar einer Anlage mit 800 kWel. Kleine Anlagen fernab vom Gasnetz (> 10 km) können auch in Zukunft vor Ort verstromen. Als Substrate müssen bei Inanspruchnahme der Marktprämie überwiegend organische Abfälle mit mindestens 30 Prozent Wirtschaftsdünger zum Einsatz kommen. Der Brennstoffnutzungsgrad muss dabei mindestens 65  Prozent erreichen.

Bei welchen GVE-Zahlen ist sinnvollerweise über Biogas nachzudenken?
Kirchmeyr: Bei mehr als 150 GVE! Aber das kann auch auf ein Dorf oder mit mehreren Nachbarn gemeinsam zutreffen. Viehstarke Betriebe im nahen Umkreis könnten über eine gemeinsame Anlage nachdenken.

Können Sie eine Einschätzung abgeben, wie das künftige Förderungsregime aussehen dürfte?
Kirchmeyr: Bestehende Anlagen dürften bis zu 40 Prozent Investitionsförderung für die Umrüstung und Erweiterung der Anlagen Richtung Gaseinspeisung bekommen. Neue Anlagen sollten bis zu 30 Prozent Förderung bekommen. Wir hätten uns für Neueinsteiger mehr gewünscht, weil hohe Investitionskosten anfallen. Dazu fehlt noch die Durchführungsverordnung. Zudem fehlt noch das Erneuerbare- Gase-Gesetz, das den Rahmen des Unterstützungssystems vorgeben muss. Für gasnetzferne Anlagen sollten die Rahmenbedingungen für die direkt vor Ort KWK Anwendung mit der Marktprämienverordnung demnächst feststehen.

Was wird im Erneuerbaren-Gase-Gesetz stehen?
Kirchmeyr: Beim Gasgesetz ist eine Quote politisch gewollt. Unsere Bedingung dazu ist, dass diese unumgehbar sein muss und einen kontinuierlichen Anstieg vorgibt. Quote bedeutet für Investoren ein erhöhtes Risiko und spiegelt sich damit auch in den Finanzierungskosten wider. Damit diese gerade in der Startphase der Quoteneinführung nicht zu hoch werden, schlagen wir einen Sicherheitsabnehmer vor. Dadurch werden die Finanzierungskosten wieder vernünftiger.

Legt die Quote fest, wie hoch die Biogasproduktion steigen soll?
Kirchmeyr: Ja, das Ziel ist, bis 2030 sind zehn Terawattstunden/Jahr aus Biogas und Erneuerbarem Wasserstoff zu produzieren. Das ist ambitioniert, aber machbar.

Welche Empfehlungen für Interessenten an der Biogasproduktion geben Sie jetzt?
Kirchmeyr: Zum Einstieg in das Thema sind Seminare sicher sehr gut geeignet. Ende November findet dazu ein zweitägiges Einstiegsseminar statt: https://www.haup.ac.at/fortbildung/grundkurs-biogas/

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